Die britischen Arbeiter stehen vor den größten Kämpfen seit Generationen. Sie stehen einer konservativ-liberaldemokratischen Koalition gegenüber, die versuchen wird, Haushaltskürzungen durchzusetzen, wie es sie seit den 1930er Jahren nicht mehr gegeben hat.
Als Tory-Parteiführer David Cameron seine erste Kabinettssitzung einberief, kündigte er an, jetzt werde es "zur Sache gehen". Kurz danach flog Außenminister William Hague nach Washington, wo er noch einmal bekräftigte, dass die Regierung den Krieg in Afghanistan unterstütze, obwohl Dreiviertel der Briten dagegen sind.
Die Koalitionsregierung hat den Kampf gegen das 163 Milliarden schwere Haushaltsdefizit zur obersten Priorität erklärt. Das Defizit ist in erster Linie die Folge der Milliarden teuren Rettung der britischen Banken.
Sie hat nur einen Teil der geplanten Kürzungen beim Namen genannt. Zusätzlich zu den Kürzungen über fünfzehn Milliarden, die Labour schon vorher angekündigt hatte, sollen noch einmal sechs Milliarden Pfund drauf gesattelt werden. Im Juli soll es dafür einen Nachtragshaushalt geben.
Diese schnelle Verschärfung der Angriffe auf Arbeitsplätze, Lebensstandard und den öffentlichen Dienst erhielt den Segen des Gouverneurs der Bank von England, Mervyn King. Das Tory-freundliche Magazin Spectator schrieb über "bevorstehende Kürzungen wie in Irland".
Die Staatsausgaben sollen um bis zu zwanzig Prozent gekürzt werden, unter anderem im Gesundheitswesen, wo "Effizienzreserven" gehoben werden sollen. Geoff Martin von der Organisation Health Emergency sagte: "Die Kürzung über zwanzig Milliarden Pfund ist schon in den Haushaltsplänen der Krankenhäuser eingearbeitet. Deshalb ist klar, dass wir in ganz Großbritannien den Verlust von Tausenden Krankenhausbetten, den Abbau von Arbeitsplätzen und die Schließung von Notaufnahmen und Entbindungsstationen erwarten können. Keine Region wird ausgespart bleiben."
Im Rahmen des Angriffs auf den Sozialstaat werden die 2,5 Millionen britischen Arbeitslosen aufs Korn genommen werden. In der Vereinbarung zwischen den Tories und den Liberaldemokraten ist vorgesehen, dass künftig die Zahlung von Arbeitslosengeld von der "Bereitschaft zu arbeiten" abhängig sein soll. Cameron hatte anfänglich vertreten, dass jedem, der ein Arbeitsplatzangebot ablehnt, das Arbeitslosengeld für drei Jahre gesperrt werden soll.
Wirtschaftsexperten gehen auch von einer Anhebung der Mehrwertsteuer von 17,5 auf zwanzig Prozent noch vor Ende des nächsten Jahres aus. Eine solche Erhöhung würde jeden Haushalt in Großbritannien jährlich zusätzlich mit 425 Pfund belasten.
Diese ersten Maßnahmen sind Teil eines Generalangriffs auf die Arbeiterklasse in ganz Europa. Die herrschende Elite versucht die globale Krise zu nutzen, um eine grundlegende Umstrukturierung der ökonomischen und sozialen Beziehungen im Interesse der Wirtschaft durchzusetzen.
Der "Notfond" der Europäischen Union über 500 Milliarden Euro vom letzten Sonntag dient ausschließlich der Entschädigung der Banken und anderer Gläubiger. Die Kosten dafür sollen der Arbeiterklasse aus der Tasche gezogen werden. Die betroffenen Länder werden auch nur dann Geld aus dem Fond bekommen, wenn sie "detaillierte und anspruchsvolle" Kürzungsmaßnahmen durchsetzen.
Irland hat die Ausgaben schon um drei Milliarden Euro gekürzt und den Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine fünfzehnprozentige Lohnsenkung verordnet. Zusätzlich wird eine siebenprozentige "Rentenabgabe" erhoben. Die Mittel für Sozialhilfe und für Bildung wurden um sechs Prozent gesenkt. Aber sogar das ist der EU noch zu wenig. Sie hat Irland Geldstrafen angedroht, falls es sein Defizit nicht noch stärker senkt.
Der Sparplan über dreißig Milliarden Euro in Griechenland beinhaltet Lohnsenkungen von zwanzig Prozent im öffentlichen Dienst, eine Senkung der staatlichen Renten um zehn Prozent und eine Ausdünnung der Sozialleistungen.
Spanien hat diese Woche bekanntgegeben, es werde eine fünfprozentige Lohnsenkung im öffentlichen Dienst durchsetzen und danach die Löhne einfrieren. Portugal schloss sich mit dem Versprechen an, seine Schritte zur Senkung des Defizits zu beschleunigen, nachdem es die Löhne im öffentlichen Dienst bereits mit sofortiger Wirkung eingefroren hat.
Der Widerstand gegen diese Politik nimmt in ganz Europa zu. In Großbritannien wird es in der nächsten Periode zu enormen sozialen Kämpfen kommen.
Die Socialist Equality Party spricht sich für die weitest gehende gewerkschaftliche, soziale und politische Mobilisierung gegen diese Angriffe aus. Aber der Erfolg hängt davon ab, dass Arbeiter neue Organisationen für den Klassenkampf schaffen und eine neue Perspektive entwickeln, die ihre Interessen artikuliert.
Es ist nicht nur notwendig, die konservativ-liberale Koalition zu stürzen, sondern gleichzeitig muss auch die Alternative vorbereitet werden: eine Arbeiterregierung, gestützt auf sozialistische Politik.
Die Arbeiterklasse steht vor einer direkten Konfrontation mit der Labour Party und den hinter ihr stehenden Gewerkschaften. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Tories an die Regierung zurückgekehrt sind. Dreizehn Jahre lang arbeitete Labour als Sprachrohr der Superreichen. Labour ist verantwortlich für einen historischen Anstieg der sozialen Ungleichheit, womit sie sich zu Recht den Hass von Millionen zugezogen haben.
Bei der Wahl hat Labour im Vergleich zu 2005 eine Million Stimmen verloren. Das waren fast "ausschließlich Stimmen von Fabrikarbeitern", so Labour-Abgeordneter John Tricket. Seit 1997 hat die Partei glatt fünf Millionen Stimmen verloren. Unter Jugendlichen hat sie so gut wie keine Unterstützung mehr.
Ohne Zweifel würde Labour genau die gleiche Politik machen wie die jetzige Regierung, wenn sie eine Regierung bilden könnte. Deswegen trat Premierminister Gordon Brown die Regierungsbildung an die Tories und die Liberaldemokraten ab. Erst als diese zu scheitern schienen, gab er seine Entscheidung bekannt, zurückzutreten, um einer möglichen Koalition aus Labour und Liberaldemokraten nicht im Wege zu stehen. Er fürchtete, dass Pfund könne unter Druck geraten, und er wollte eine andere "starke Regierung ermöglichen.... die die Autorität hat, es mit den vor uns liegenden Herausforderungen aufzunehmen".
Innerhalb eines Tages trat er dann aber sofort zurück, nachdem ihm die Mehrheit seiner eigenen Parteiführung in den Rücken gefallen war und sich bereit zeigte, den Konservativen die Macht zu überlassen. Sie hat sowieso keine wirklichen Differenzen mit ihnen.
Darauf reagierten Labour-Politiker wie David Blunkett und Jack Straw mit der lächerlichen Behauptung, dass sie sich "den Wünschen der Wählerschaft" verpflichtet fühlten, oder dass sie aus dem Wunsch heraus gehandelt hätten, Labour zu ermöglichen, sich in der Opposition wieder zu "stärken" und zu "erneuern".
Als Labour an der Regierung war, war die Partei stolz darauf, ihre Politik auch entgegen den Wünschen der Bevölkerung zu betreiben. Beispielhaft sind die Kriege im Irak und in Afghanistan und die drakonischen Angriffe auf demokratische Rechte. Straw und Blunkett tragen dafür die direkte Verantwortung. Wenn sie geglaubt hätten, eine Koalition aus Labour und Liberaldemokraten hätte die Unterstützung von Rupert Murdoch und Konsorten gehabt, dann hätten sie getan, was ihnen gesagt wurde.
Jedenfalls werden die Labour-Politiker weiter die Interessen der Finanzoligarchie vertreten. Gemeinsam mit den Gewerkschaften ersticken sie den Widerstand der Arbeiter und der Jugend gegen die Kürzungsmaßnahmen.
Das wird darüber entscheiden, welcher Kandidat bei dem Gerangel um den Chefposten bei der Labour Party siegen wird. Der Sieger wird dem von Blunkett und Straw vorgezeichneten Pfad folgen und "verantwortlich im Interesse der Nation" handeln, "sich wieder auf die ehrlichen, hart arbeitenden Familien besinnen" und deren Ansichten "in Fragen von Einwanderung, Sozialleistungen und Fairness berücksichtigen".
Ins gleiche Horn stieß Ex-Minister John Denham. Er sagte, Labours Fehler an der Regierung sei gewesen, "Masseneinwanderung" zuzulassen, die von vielen als "unfair" angesehen worden sei, versucht zu haben, "gegen Armut" vorzugehen, was "die belohnt habe, die nicht arbeiten", und "nichts zu Familienwerten, anständigem Benehmen und zur Verantwortung gesagt zu haben, zu arbeiten und das Gesetz zu beachten".
"Beim Kampf gegen Ungleichheit muss man auch sehen, dass nicht alles, was uns gleicher macht, auch fair ist", erklärte er.
Die Labour Party entwickelt eine rechte Agenda, die die Arbeiterklasse spaltet, indem sie die Position der Tories und Liberaldemokraten unterstützt, Einwanderer und Sozialhilfeempfänger zum Sündenbock zu machen und damit den Angriff auf Arbeitsplätze, Löhne und staatliche Leistungen zu rechtfertigen.
Es ist notwendig, die Politik nach Klassenkriterien neu auszurichten. Die Krise des globalen kapitalistischen Profitsystems schafft die Bedingungen für die politische Neuorientierung breiter Schichten von Jugendlichen und Arbeitern auf der Grundlage revolutionärer Perspektiven.
Diese Entwicklungen entlarven auch die wirklichen sozialen Interessen, die von den kleinbürgerlichen pseudolinken Gruppen repräsentiert werden. Bei der Unterhauswahl setzten sich diese in der Trade Unionist and Socialist Coalition versammelten Gruppen für die Wiederwahl einer Labour-Regierung ein. Nach der Wahl haben sie ihre Orientierung auf die Bürokratie noch verstärkt.
Zuerst äußert die Socialist Party rituell die Position, dass Labour eine kapitalistische Partei sei. Im gleichen Atemzug erklärt sie, dass eine Kampagne der Gewerkschaften, New Labour "zurück zu erobern", ein "großer Schritt vorwärts" wäre, und dass "wir eine solche Entwicklung unterstützen würden". Sie hat dem Labour Abgeordneten John McDonnell schon jetzt ihre Unterstützung zugesagt, falls er sich um den Vorsitz der Labour Party bewerben sollte. Er wäre angeblich "der einzige Kandidat, der sich für die Interessen der Arbeiter einsetzt."
Die Socialist Workers Party geht noch weiter. Sie hatte argumentiert, dass die Labour Party wegen ihrer Verbindungen zur organisierten Arbeiterklasse [ganze Gewerkschaften sind Mitglied der Labour Party] immer noch eine Arbeiterpartei sei. In ihrer Wahlanalyse behauptet sie jetzt, das Wahlergebnis zeige, dass "Labour immer noch eine große Kraft ist" und dass "Labour wieder stärker wird".
Diese willkürlichen Behauptungen laufen auf eine Unterstützung von Labour gegen die Arbeiterklasse hinaus. Damit verspricht die SWP der Labour- und der Gewerkschaftsbürokratie, dass sie sie gegen jede Bedrohung von links verteidigen werde.
Die SEP lehnte eine Stimme für Labour ab und definierte sie als "eine Partei des Klassenfeinds". Wir haben die Wahrheit gesagt: Die arbeitende Bevölkerung muss sich mit der Aufgabe konfrontieren, eine neue, wirklich sozialistische Partei aufzubauen.
Unser Ziel war die Vorbereitung "einer unabhängigen politischen Bewegung der Arbeiterklasse gegen Sparpolitik, Militarismus und Krieg".
Dieser Kampf muss gegen das kapitalistische Profitsystem geführt werden. Er muss international geführt werden und Arbeiter über alle nationalen Grenzen hinweg gegen den gemeinsamen Feind zusammenschließen. Wir kämpfen für die sozialistische Umorganisation des Wirtschaftslebens, um die Bedürfnisse der Gesellschaft zu befriedigen und nicht private Profitinteressen.
Die SEP ist gemeinsam mit ihren Gesinnungsgenossen im Internationalen Komitee der Vierten Internationale die einzige Kraft, die eine solche vereinte Offensive für den internationalen Sozialismus realisieren kann.